Beckenschiefstand – was hilft?

Etwa zwei Drittel aller Deutschen haben einen Beckenschiefstand. Die meisten von ihnen wissen es nicht einmal ­­– denn eine minimale Abweichung verursacht in der Regel keinerlei Schmerzen. Ein ausgeprägter Beckenschiefstand kann jedoch starke Beschwerden verursachen. Woher kommt die Fehlstellung und was hilft dagegen?

Frau macht Gymnastikübung
Durch bestimmte Übungen lassen sich die Schmerzen aufgrund eines Beckenbodenschiefstands verringern Foto: iStock/millann
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Was ist ein Beckenschiefstand?

Bei einem Beckenschiefstand ist das Becken nicht in einer geraden, waagerechten Position, sondern hat sich schiefgestellt – zum Beispiel aufgrund einer Beinlängendifferenz. In den meisten Fällen verursacht der Beckenschiefstand keine Beschwerden. Bei einem großen „Höhenunterschied“ können jedoch Symptome wie Rückenschmerzen auftreten.

Folgeschaden Skoliose

Bei einem ausgeprägten Beckenschiefstand kann eine sogenannte Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung) entstehen. Das liegt daran, dass die Wirbelsäule sich in dem Bemühen, die Verschiebung des Beckens auszugleichen, verkrümmt. Die Folgen einer solchen Verkrümmung können die Versteifung des betroffenen Wirbelabschnitts, der frühe Verschleiß von Wirbelgelenken und eine schiefe Haltung des gesamten Oberkörpers sein. Umgekehrt kann auch eine angeborene Skoliose einen Beckenschiefstand auslösen.

Wie lässt sich ein Beckenschiefstand feststellen?

Um einen Beckenschiefstand und eine eventuell bereits entstandene Skoliose zu diagnostizieren, eignet sich eine sogenannte 3D-Wirbelsäulenvermessung, die ohne Röntgenstrahlen funktioniert. Ein Projektor wirft ein Linienraster auf den Körper des Patienten und erstellt so eine millimetergenaue Landkarte der Körperstatik. Eine Kamera nimmt dieses Lichtraster auf und leitet es an einen Computer weiter. Dieser analysiert die Stellung des Beckens und mögliche Verkrümmungen der Wirbelsäule.

Was sind bei einem Beckenschiefstand die Symptome?

Ist der Beckenschiefstand ausgeprägt, können Beschwerden entstehen – in der Regel sind dies Rückenschmerzen.

Weitere Symtome eines Beckenschiefstands: 

  • Kieferschmerzen
  • Kopfschmerzen
  • Nackenschmerzen
  • Probleme mit den Knie- oder Fußgelenken 

Beinlängendifferenz als Ursache des Beckenschiefstands

Ein Beckenschiefstand kann die Folge einer Beinlängendifferenz sein. Diese ist nichts Ungewöhnliches – die Beine eines Menschen sind nur selten exakt gleich lang. Bei einem Unterschied von wenigen Millimetern verursacht die Beinlängendifferenz in der Regel auch keine Probleme – beträgt sie allerdings fünf Millimeter oder mehr, kann der daraus folgende Beckenschiefstand Beschwerden bereiten.

Kinder sind besonders häufig von einer solchen Beinlängendifferenz betroffen, denn die Beine können unterschiedlich schnell wachsen. In diesem Fall reguliert sich die Differenz und damit auch der Beckenschiefstand mit der Zeit von selbst.

Beckenschiefstand durch Fehlhaltung

Häufiger ist die Ursache allerdings eine Fehlhaltung oder einseitige Belastung – etwa beim Sport oder dem häufigen Tragen einer schweren Tasche auf einer Körperseite. Auch Verrenkungen und Blockaden können einen solchen „funktionellen“ Beckenschiefstand auslösen. Dann sieht es so aus, als läge eine Beinlängendifferenz vor, in Wirklichkeit ist das aber nicht der Fall: Durch die Verschiebung des Beckens wirkt ein Bein einfach länger als das andere.

Was hilft bei einem Beckenschiefstand?

Der Arzt entscheidet je nach individueller Ursache des Beckenschiefstands über eine geeignete Behandlungsform.

  • Schuheinlagen werden heute nicht mehr so häufig verschrieben wie früher – Orthopäden wägen inzwischen sorgfältiger ab, ob diese Behandlung zielführend ist. So machen Schuheinlagen etwa nur Sinn, wenn der Beckenschiefstand tatsächlich durch eine Beinlängendifferenz verursacht wurde. Kommen sie tatsächlich als Therapie in Frage, gilt es, auszuprobieren: Stellt sich in den folgenden ein bis zwei Monaten keine Besserung ein, wird ein anderer Weg eingeschlagen.
  • Eine Operation wird nur in extremen Fällen in Betracht gezogen – etwa, wenn der Beckenschiefstand durch eine Beinlängendifferenz von drei Zentimetern oder mehr entstanden ist. Ist der Beckenschiefstand durch Verrenkungen oder Blockaden entstanden, kann ein erfahrener Therapeut die Beschwerden durch Einrenken vertreiben.

Beckenschiefstand: Übungen können helfen

Zusätzlich kann Physiotherapie bei einem Beckenschiefstand helfen – besonders dann, wenn der Beckenschiefstand funktioneller Natur ist, also durch Fehlhaltungen und -belastungen entstanden ist. In der Regel sind dann die Muskeln auf der stärker belasteten Körperseite auch stärker ausgebildet. Durch ein gezieltes Training werden die Muskeln auf der „schwachen“ Körperseite gestärkt und das optisch kürzere Bein gestreckt.

Einige Beckenschiefstand-Übungen können, in Absprache mit einem Arzt oder Physiotherapeuten, auch zu Hause durchgeführt werden.

Yogaübung „Taube“

  1. In den Vierfüßlerstand gehen
  2. Wenn das linke Bein „kürzer“ ist, das linke Knie nach vorn zum linken Handgelenk ziehen (andersherum, wenn das rechte Bein kürzer wirkt)
  3. Den Unterschenkel nach rechts schieben
  4. Das hintere Bein strecken, den Spann ablegen
  5. Die Hüften (nicht den Bauch!) nach unten sinken lassen
  6. Auf den Händen abstützen, Arme durchstrecken und Oberkörper aufrichten
  7. Nun nach vorn beugen, bis eine starke Dehnung zu spüren ist. Bleibt die Dehnung aus, den vorderen Fuß weiter nach vorne strecken

Wichtig ist es, die Dehnung mindestens eine Minute zu halten, um möglichst gute Effekte zu erzielen.