Angst vor der Arbeit: Symptome, Ursachen und Tipps für Menschen, die Panik vor ihrer Arbeit haben

Angst vor der Arbeit kann sehr belastend sein. Betroffene trauen sich nicht mehr, ihren Arbeitsplatz zu betreten oder fürchten sich davor, einen neuen Job anzufangen. In der Folge kann Angst vor der Arbeit eine Depression verursachen oder zu Panikattacken auf der Arbeit führen. Welche Ursachen kann die Angststörung haben und was hilft Betroffenen?

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Es ist eine Aufgabe, die eigentlich Spaß bereiten sollte: die Arbeit. Doch für manche wird die tägliche Pflicht zu einer richtigen Qual. Sie haben aus den unterschiedlichsten Gründen panische Angst vor der Arbeit. Während das bei einigen mit den Kolleg:innen zusammenhängt, bereitet anderen der Leistungsdruck Angst. Wer dabei von anderen für die Angst belächelt wird, hat einen noch höheren Leidensdruck. Welche möglichen Ursachen es dafür gibt, wenn jemand Angst hat zur Arbeit zu gehen, wie sich das Gefühl äußert und was Betroffene tun können – die besten Tipps und Lösungswege gegen die Angst vor der Arbeit im Überblick.

Frau vor dem Laptop
Angst vor der Arbeit kann sich unterschiedlich äußern und für Betroffene sehr belastend sein Foto: iStock/VioletaStoimenova

Angst zur Arbeit zu gehen ist keine Seltenheit

Fast jede zweite Krankschreibung ging im Jahr 2021 auf psychische Ursachen zurück. Nur in der Erkältungszeit im Oktober und November war es jede dritte. Das geht aus der Jahresübersicht des Dachverbandes für Betriebskrankenkassen hervor. Auch 2022 wird mit einer hohen Anzahl an Krankschreibungen durch psychische Belastungen gerechnet, ein vollständiger Gesundheitsreport liegt jedoch noch nicht vor.

Insbesondere die Corona-Pandemie hat die Anzahl der psychischen Beschwerden in den letzten Jahren nochmal erhöht. Im Hinblick auf die Arbeitswelt kann angenommen werden, dass nach einer langen Zeit im Homeoffice vielen der Gang zur Arbeit sehr schwerfällt. Jede:r unter den Arbeitenden kann dabei betroffen sein, Angst vor der Arbeit zu empfinden. Während das Gefühl bei den meisten jedoch nur zeitweise auftritt, leiden Schätzungen zufolge etwa fünf Prozent der Berufstätigen unter einer anhaltenden, ausgeprägten Arbeitsangst.

Angststörung bei der Arbeit: Was ist eine Arbeitsplatzphobie?

Die Angst vor der Arbeit nennen Ärzt:innen und Psycholog:innen in der Fachsprache Arbeitsphobie. Gemäß dem Klassifikationssystem ICD-10 kann sie unter F40.8, den sonstigen phobischen Störungen, eingeordnet werden. Die Angststörung kann sich unterschiedlich äußern – entweder scheuen Betroffene die reale Konfrontation mit der Arbeit oder sie haben bereits Angst, wenn sie nur an ihren Arbeitsplatz denken. Letzteres wird auch als Arbeitsplatzphobie bezeichnet.

Eine Arbeitsplatzphobie steht immer im Zusammenhang mit bestimmten Reizen und Situationen wie zum Beispiel:

  • Ort des Arbeitsplatzes

  • Personen am Arbeitsplatz wie Vorgesetzte, Arbeitskolleg:innen oder Kund:innen

  • Situationen während der Arbeit (z.B. Vorträge halten)

  • negative Erfahrungen

  • bestimmte Objekte am Arbeitsplatz

Angst vor der Arbeit: Symptome im Überblick

Angst ist ein Zustand, der von jedem Menschen anders empfunden wird. Während einige vor Angst anfangen zu schwitzen, wird anderen eiskalt und sie zittern. Entsprechend können sich die Symptome bei der Angst vor der Arbeit individuell unterscheiden.

Typisch für eine Arbeitsplatzphobie sind die folgenden Anzeichen:

  • Hitzewallungen

  • Kälteschauer

  • Kopfschmerzen, Schwindel, Magenbeschwerden vor und bei der Arbeit

  • Herzrasen

  • Kloß im Hals

  • Panikattacken

  • Konzentrationsschwierigkeiten

  • negatives Gedankenkarussell

  • ständige Anspannung

  • höhere Infektanfälligkeit

  • Vermischung von Arbeits- und Privatleben

  • Vergesslichkeit

  • Nichteinhalten von Abgabefristen

  • beim Fernbleiben oder Verlassen des Arbeitsplatzes verringern sich die Angstsymptome

Wenn Betroffene ihren Arbeitsplatz meiden, lässt die Angst kurzzeitig nach – aber hier beginnt der eigentliche Teufelskreis: Das Belohnungssystem wird durch das Vermeidungsverhalten zwar gestärkt, aber gleichzeitig verstärkt sich die Angst dadurch umso mehr, wenn der Arbeitsplatz physisch oder gedanklich näher rückt.

Panische Angst vor der Arbeit: Diese Ursachen kommen infrage

Um der Arbeitsplatzphobie entgegenwirken zu können, muss zunächst die Ursache für die Angststörung gefunden werden. Mögliche Gründe sind:

1. Angst vor dem neuen Job

Jede:r kennt die Unsicherheit, bevor ein neuer Job angefangen wird. Sind die Kolleg:innen nett? Schaffe ich es, die Aufgaben zu ihrer Zufriedenheit zu lösen? Die Angst vor der ersten Zeit bei einer neuen Arbeit ist ganz normal. Wenn diese nach den ersten Tagen jedoch nicht verschwindet, kann sich schnell eine Arbeitsplatzphobie entwickeln. Die Entstehung wird zudem begünstigt, wenn im vorherigen Job negative Erfahrungen gemacht wurden und nun die Angst besteht, das gleiche noch einmal zu erleben.

2. Angst vor der Arbeit: Überforderung als Ursache

Wer bei der Arbeit unter einer hohen Belastung steht, kann Angst empfinden. Zu viele Aufgaben, kurze Abgabefristen oder Ziele, die nicht zu schaffen sind, können den Druck und Stress zusätzlich erhöhen und zu Panik führen. Manche Arbeitende fürchten sich außerdem davor, keine Kontrolle zu haben. Häufig lösen konkrete Situationen dieses Gefühl aus. Einige haben zum Beispiel Angst davor, einen Vortrag zu halten und fühlen sich dadurch überfordert. Der generelle Leistungsdruck oder einzelne Situationen, die mit Angst verbunden sind, veranlassen Betroffene oft dazu, nicht mehr oder nur noch mit Unbehagen zur Arbeit zu gehen.

3. Weit verbreitet: Angst vor Fehlern im Job

Das kennen wohl die meisten: Man möchte bei der Arbeit immer alles richtig machen. Doch aus dem Perfektionismus kann auch schnell eine Arbeitsplatzphobie werden. Nämlich dann, wenn jemand nicht nur alles richtig machen möchte, sondern große Angst davor entwickelt, einen Fehler zu machen und zu versagen. Der Gedanke an die Konsequenzen wie negative Kritik, kann regelrecht Panik auslösen. Häufig stellen sich Betroffene vor, was im schlimmsten Fall passieren kann. Für sie wirkt das realistisch, obwohl es in der Realität vermutlich gar nicht so schlimm ausgehen würde.

4. Streit und Mobbing: Angst zur Arbeit zu gehen wegen der Kollegen

Eine weitere Ursache für Angst vor der Arbeit können Schwierigkeiten mit bestimmten Personen sein. Ob es sich dabei um den Chef oder die Chefin, Kolleg:innen oder Kund:innen handelt, ist unterschiedlich. Auch ob die Angst durch einen Konflikt, den es in der Vergangenheit gab, Mobbing oder die bloße Ausstrahlung einer Person entstanden ist, ist individuell. Was gleich ist: Betroffene haben in der Folge Angst, zur Arbeit zu gehen.

5. Panik vor der Arbeit durch mögliche Unfälle

Wenn einem selbst oder Kolleg:innen in der Vergangenheit ein Unfall auf der Arbeit passiert ist, kann sich eine Arbeitsphobie entwickeln. Doch auch ohne menschliche Beteiligung kann die Angst entstehen – zum Beispiel, wenn der Job beinhaltet in einem Kran zu arbeiten und dieser vor dem Einsatz umgekippt ist. Grundsätzlich wird die Angst aber stärker, wenn Menschen involviert sind. Die Angst vor Unfällen tritt überwiegend bei risikoreichen Jobs auf.

6. Angst vor der Arbeit ohne Grund: Die Ursache liegt wahrscheinlich weit zurück

Manche Betroffene klagen über Angst vor der Arbeit, obwohl es keine offensichtlichen Gründe dafür zu geben scheint. Ihnen ist auch bewusst, dass ihre Ängste nicht rational sind. Trotzdem können sie das Problem nicht allein lösen. In diesen Fällen geht es oft gar nicht um den Job an sich. Ungelöste Konflikte oder die Persönlichkeitsstruktur, zum Beispiel der Drang zum Perfektionismus, lösen die Phobie aus. Dabei geht die Ursache meist bis in die Kindheit zurück. Das klares Erkennungsmerkmal ist, dass die Angst nicht verschwindet, wenn der Job gekündigt wird.

Angst zur Arbeit zu gehen: Krankschreibung als vermeintliche Lösung

Um die Angst weitestgehend zu vermeiden, lassen sich Betroffene einer Arbeitsphobie bzw. Arbeitsplatzphobie häufig krankschreiben. Dieses Vermeidungsverhalten hilft jedoch nicht, denn durch das Ausbleiben der Symptome wird Bestätigung empfunden, dass die Arbeit gefährlich und die Angst begründet ist. Als tatsächliche Lösung sollten Betroffene das Gegenteil tun und sich ihr stellen – doch weil das einfacher gesagt als getan ist, helfen kleine Schritte.

Die Angst vor der Arbeit schrittweise loswerden

Zuerst ist es immer sinnvoll, sich einer Vertrauensperson zu öffnen. Mit ihr kann gemeinsam die Ursache der Angst erforscht werden. Dafür sollten sich Betroffene fragen, was sich an der Arbeitssituation ändern müsste, damit er oder sie ohne Bedenken zur Arbeit gehen kann.

Anschließend ist es gut, Personen bei der Arbeit einzuweihen, entweder Kolleg:innen oder wenn möglich, auch Vorgesetzte. Diese können einen direkt vor Ort unterstützen.

Zur konkreten Angstbewältigung können sich Betroffene aufschreiben, wovor sie sich fürchten. Dann wird sich anfangs der Situation gestellt, die am wenigsten Angst bereitet. Diese wiederholen, bis keine Angst mehr aufkommt. Als nächstes die zweitschwerste Situation. Zwischen den einzelnen Schritten ist es wichtig, sich immer wieder zu belohnen – denn so entsteht eine zusätzliche Motivation, die Situation auszuhalten. Auch hinterher verstärkt sich das Gefühl, etwas Gutes gemacht zu haben und stolz sein zu dürfen. Die Art der Belohnung spielt dabei keine Rolle: Es kann eine Kugel Eis, eine Zeitschrift, eine heiße Badewanne oder ein langes Telefonat mit der besten Freundin sein.

Angst vor dem Job: Was können Angehörige tun?

Viele Betroffene bringen ihre Symptome nicht sofort mit einer Phobie in Verbindung. Kolleg:innen und Freund:innen bemerken meist eher, dass jemand ständig angespannt ist oder sich häufig krankmeldet. Dann kann es hilfreich sein, die betroffene Person anzusprechen, zu fragen, wie geholfen werden kann und gemeinsam mit dem oder der Betroffenen die Ursache für die Angst zu ergründen.  

Mögliche Folge von Angst vor der Arbeit: Depression

Wer Angst hat zur Arbeit zu gehen, wird im Alltag stark eingeschränkt. Direkt vor und während der Arbeit ist das Gefühl am schlimmsten. Nach der Arbeit kommt eine kurze Erleichterung, dass der Tag überstanden ist. Doch dann steht gedanklich schon der nächste Tag bevor – die Angst steigt erneut. Wer aufgrund dieser psychischen Einschränkung nicht mehr zur Arbeit gehen kann, hat als Folge zudem mit der finanziellen Belastung zu kämpfen. Da kommt es nicht selten vor, dass Betroffene eine Depression entwickeln.

Angst zur Arbeit zu gehen: Die Depression kann auch schon vorher existieren

In manchen Fällen ist es aber auch andersherum: Betroffene leiden bereits unter einer Depression, die Arbeitsphobie tritt dann als Begleiterscheinung auf. Die Belastung ist hierbei mindestens genauso groß. Wer mit Niedergeschlagenheit und Erschöpfung zu tun hat, sollte diese Anzeichen ernst nehmen – ausführliche Informationen zu dem Thema finden Sie hier: depressive Verstimmung.

Viele Betroffene erleiden eine Panikattacke auf der Arbeit

Im Zuge einer (Arbeitsplatz-)Phobie können auch Panikattacken auftreten. Für Betroffene ist das eine besonders unangenehme Situation. Denn: In der Folge haben sie nicht mehr nur Angst vor der Arbeit, sondern auch noch Angst vor dem Erleiden einer Panikattacke. Meistens versuchen sie die Situation, in der die Panikattacke aufgetreten ist, zu vermeiden. Weil die Angst dann ausbleibt, fühlen sie sich in der Annahme, dass die Situation gefährlich ist, bestärkt. Mit der Zeit kann es immer schwieriger werden, sich der Situation zu stellen.

Angst zu arbeiten: Wann sich Betroffene Hilfe holen sollten

Wer unter Angst vor der Arbeit und Panikattacken leidet, kann als Folge zusätzlich eine generalisierte Angststörung oder Angst vor der Angst entwickeln. In beiden Fällen geht die Furcht über den Job hinaus. Manche Menschen können dann nicht mehr die Straße, in der ihr Arbeitsplatz liegt, betreten. Spätestens dann sollten Betroffene sich professionelle Hilfe suchen – und gemeinsam mit dem oder der Psychotherapeut:in über die Ursache und Behandlungsmöglichkeiten sprechen, um sie überwinden zu können.

Angst vor der Angst: Selbsthilfe im Notfall mit diesen 3 Übungen

Die Angst vor der Angst ist eine ständige Erwartungserhaltung, dass im nächsten Moment Furcht empfunden werden könnte. Die Symptome werden extrem stark wahrgenommen, Betroffene geraten in der Folge in Panik. Als Selbsthilfe im akuten Fall können drei Übungen ausprobiert werden:

Angst vor der Angst überwinden mit der 4-7-8-Methode

Bei dieser Übung geht es darum, bewusst und kontrolliert zu atmen. Dafür die Zungenspitze hinter den Schneidezähnen am Zahnfleisch platzieren. Durch die Nase einatmen und bis 4 zählen. Die Luft anhalten, bis 7 zählen. Mit geöffnetem Mund tief ausatmen und bis 8 zählen. Durch das ausgiebige Ausatmen steigt der Sauerstoffvorrat im Blut, die verbrauchte Luft gerät nach draußen und der Puls senkt sich – Gelassenheit tritt ein.

Keine Angst arbeiten zu gehen: Mit dieser Achtsamkeitsübung den Fokus zurückerlangen

Wer Angst hat, neigt dazu sich abzulenken und alle Gedanken an die angstauslösende Situation zu vermeiden. Doch eigentlich sollte sich genau mit dieser Situation beschäftigt werden. Eine Methode, die die Angst senkt und bei der Betroffene trotzdem in der Gegenwart, im sogenannten Hier und Jetzt, verweilen, nennt sich 5, 4, 3, 2, 1. Dafür zuerst auf fünf Geräusche achten, die gerade zu hören sind. Dann auf fünf Gegenstände, die zu sehen sind und anschließend auf fünf Dinge, die man spüren kann (z.B. den kalten Atem in der Nase oder den Teppich unter den Schuhen). Diesen Vorgang mit vier Gedanken zu jedem Punkt wiederholen, mit drei und so weiter. Im besten Fall jedes Mal unterschiedliche Aspekte entdecken.

Angst vor der Arbeit – was tun? Im Zweifelsfall immer professionelle Hilfe annehmen

Ähnlich wie die Achtsamkeitsübung wirkt auch die sogenannte Erdung, bei der Betroffene einige Minuten mit der physischen Umgebung in Kontakt sind und sich nur auf eine Begebenheit konzentrieren – beispielsweise die Geräusche der Natur oder das Gefühl der warmen Kaffeetasse in der Hand. 

Weil der Job einen so großen Teil des Alltags einnimmt, ist die Angst vor der Arbeit besonders belastend – Betroffene sollten sich daher auf keinen Fall scheuen, (professionelle) Hilfe anzunehmen.

Quelle:

Muschalla, B., & Linden, M. (2013). Arbeitsplatzbezogene Ängste und Arbeitsplatzphobie: Phänomenologie, Diagnostik, Behandlung, Sozialmedizin. Kohlhammer Verlag.