Angst vor Ablehnung: So befreien Sie sich von der Gunst anderer

Zugehörigkeit und Zuneigung gehören zu den sozialen Grundbedürfnissen des Menschen. Die Angst vor Ablehnung ist von daher nur menschlich – schließlich treibt sie uns dazu an, unsere Freundschaften und Partnerschaft zu pflegen. Was aber, wenn die Angst vor Zurückweisung überhandnimmt und nur noch das eigene Handeln bestimmt?

JW Video Platzhalter
Zustimmen & weiterlesen
Um diese Story zu erzählen, hat unsere Redaktion ein Video ausgewählt, das an dieser Stelle den Artikel ergänzt.

Für das Abspielen des Videos nutzen wir den JW Player der Firma Longtail Ad Solutions, Inc.. Weitere Informationen zum JW Player findest Du in unserer Datenschutzerklärung.

Bevor wir das Video anzeigen, benötigen wir Deine Einwilligung. Die Einwilligung kannst Du jederzeit widerrufen, z.B. in unserem Datenschutzmanager.

Weitere Informationen dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Ob bei der Arbeit, im Sportverein oder auf einer Party – irgendwo trifft man immer auf jemanden, der oder die einen nicht mag. Einige Menschen kommen damit gut zurecht, andere wiederum nicht, weil sie eine Angst vor Ablehnung umtreibt. Sie möchten von jedem Menschen gemocht werden – doch ist das wirklich erstrebenswert? Welche Ursachen dieser Angst vor Zurückweisung zugrunde liegen könnten und was es braucht, um sich vor der Sehnsucht nach Anerkennung ein Stück weit zu befreien.

Frau hat Angst vor Ablehnung und schaut traurig aus dem Fenster
Wenn die Angst vor Ablehnung überhandnimmt, kann es passieren, dass Betroffene sich immer weiter zurückziehen Foto: iStock/martin-dm

Woher kommt die Angst vor Ablehnung?

Menschen haben das Grundbedürfnis, dazuzugehören – und das ist aus evolutionsbiologischer Sicht verständlich. Schließlich stellte soziale Ausgrenzung in früheren Zeiten eine große Gefahr dar: Gehörte man nicht mehr der Gruppe an, war das Überleben gefährdet.

Heutzutage spüren wir immer noch diese Angst, auch wenn die physische Gefahr nicht mehr besteht. Wohl auch deshalb, weil wir Liebe und Zuneigung zum Überleben brauchen. Einsamkeit hingegen birgt das Risiko für einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder Demenz.

Liebevolle Berührungen sind zum Beispiel wichtig, damit der Körper das Wohlfühl-Hormon Oxytocin ausschüttet. Zudem sinkt das Risko für psychische Erkrankungen, wenn wir soziale Beziehungen eingehen – um nur einige Gesundheitsvorteile zu nennen.

Angst vor Ablehnung: Ursache kann in traumatischer Kindheit liegen

Wer ständig Angst davor hat, zurückgewiesen zu werden, hat vermutlich traumatische Kindheitserfahrungen gemacht, die den „Angst-Samen“ gesät haben. Denn was könnte schmerzlicher sein als das Gefühl, für die eigenen Eltern nicht genug zu sein? Nicht so zu genügen und liebenswert zu sein, wie man ist? Kinder sind auf die Anerkennung und Liebe ihrer Eltern angewiesen, um ein gesundes Selbstbewusstsein und psychische Widerstandsfähigkeit (Resilienz) ausbilden zu können.

Liebesentzug, abfällige Bemerkungen oder gar Schläge geben Kindern das Gefühl, dass sie Schuld an dem Verhalten ihrer Eltern haben. Daher tun sie alles dafür, diese Bestrafungen zu umgehen: Sie passen sich an, beobachten sehr genau, welches Verhalten das ihrer Eltern positiv beeinflusst und richten ihr Handeln so aus, dass sie gefallen und nicht anecken. Doch dabei lernen sie nicht, ihren eigenen Bedürfnissen gerecht zu werden und ein Ur-Vertrauen auszubilden, sondern machen ihr Wohlbefinden von der Anerkennung und Liebe von außen abhängig. Auch mit 40 Jahren steckt noch das vierjährige Kind in ihnen mit der schmerzhaften Erfahrung, abgelehnt zu werden.

Dieses innere, verletzte Kind hat noch nicht gelernt, dass es jetzt erwachsen ist und nicht mehr auf die Anerkennung von außen angewiesen ist, sondern für sich selber sorgen muss. Die kindliche Bewältigungsstrategie, es allen recht machen zu wollen, wird im Erwachsenenalter zum Verhängnis, sodass die Angst vor Ablehnung einen großen Leidensdruck erzeugen kann und sich eine ausgeprägte Verlustangst oder Bindungsangst entwickelt.

Psychische Erkrankungen gehen mit Angst vor Ablehnung einher

Menschen mit Angststörungen haben häufig mit Angst vor Ablehnung zu kämpfen. Diese Furcht ist ein wesentliches Merkmal der sozialen Phobie. Auch eine ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung geht mit großen Unsicherheiten in Beziehungen einher. Betroffene leiden unter Minderwertigkeitsgefühlen und werten jede negative Beurteilung so, dass sie sich in ihrem Selbstwert und Persönlichkeit stark angegriffen fühlen. Zudem kann eine in der Kindheit entstandene Angst vor Ablehnung zu einer depressiven Verstimmung führen und hält diese aufrecht, wenn Betroffene ihre negativen Glaubenssätze nicht durch positive ersetzen.

Angst vor Ablehnung durch überbehütete Kindheit

Alles Übel der Welt vom eigenen Kind fernhalten – so ist der Wunsch vieler Eltern. Auch wenn Mütter und Väter sicherlich nur die besten Absichten haben, kann eine übertriebene Fürsorge für die psychische Entwicklung des Kindes negative Auswirkungen haben. Denn eine überbehütete Kindheit, in der die Helicopter-Eltern alle Unannehmlichkeiten des Lebens von ihrem Nachwuchs fernhalten, führt häufig zu einem instabilen Selbstwertgefühl.

Betroffene Kinder lernen nicht, mit Misserfolgen, Kritik und Konflikten umzugehen – Eigenschaften, die im Erwachsenenalter sehr wichtig sind, zum Beispiel bei einer Trennung, negativem Feedback auf der Arbeit oder Konflikten im Freundeskreis. Stattdessen entwickeln Sie ein übergroßes Harmoniebedürfnis und eine Angst davor, von anderen Menschen nicht gemocht zu werden; schließlich hängt ihr Selbstwert von der Gunst anderer ab.

Angst vor Ablehnung: Symptome, die mit der Angst einhergehen

Die Freundin schreibt nicht am gleichen Tag zurück? Die Kollegin ist schlecht gelaunt? Sie haben eine Jobabsage bekommen? Menschen mit Angst vor Ablehnung denken in diesen Situationen sofort, dass die schlechte Laune des Gegenübers, die ausstehende Antwort oder die Absage mit ihnen selbst zu tun haben.

Sie projizieren jegliche Ereignisse in ihrem Umfeld auf sich selbst, was mit einem tiefen Schuldgefühl bzw. der vermeintlichen Verantwortung für das Wohlbefinden anderer einhergeht. Dies führt dazu, dass sie sich abwerten, angetrieben von negativen Glaubenssätzen wie „Ich bin nicht gut genug“ oder „Nur wenn ich mich füge, werde ich geliebt“. Die Folge: Sie sind von der Meinung des Gegenübers abhängig und definieren sich fast nur darüber.

Angst vor Ablehnung: Gesellschaftliche Erwartungen schüren Angst

Besonders stark leiden psychisch Erkrankte unter einer Angst, von der Gesellschaft aufgrund ihrer Erkrankung stigmatisiert und abgelehnt zu werden. Auch bei Menschen, die drogensüchtig, verschuldet oder arbeitslos sind, kann ein Angstgefühl hochkommen, von anderen deshalb verurteilt zu werden. Vermutlich, weil es in ihrem Leben nicht so rund läuft, wie es von der Gesellschaft erwartet wird. Dasselbe gilt für Frauen, die sich bewusst gegen Kinder entscheiden oder eine Abtreibung hatten – die Angst vor Ablehnung ist häufig groß.

Die Angst vor Ablehnung kann mit einem Schwarz-Weiß-Denken einhergehen: Entweder ist alles gut oder schlecht – Zwischentöne und Kompromisse sind ihnen fremd.

Diese Merkmale deuten auf eine Angst vor Ablehnung hin:

  • Schuldgefühle

  • geringe Frustrationstoleranz

  • Schwarz-Weiß-Denken

  • negative Glaubenssätze

  • Anspannung

  • Überforderung

  • Hilflosigkeit

  • Ohnmachtsgefühle

  • Kritikunfähigkeit

  • sozialer Rückzug

  • Stress

  • Unsicherheit im Umgang mit anderen

Diese Anzeichen äußern sich von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Die einen begleitet ein unterschwelliges Angstgefühl den ganzen Tagen; andere hingegen sind nur in ganz bestimmten Situationen ängstlich und unsicher.

„Ich kenne keinen sicheren Weg zum Erfolg, aber einen sicheren Weg zum Misserfolg: Es allen recht machen zu wollen.“
Platon, griechischer Philosoph (427 – 348 v. Chr.)

An diesen Gedanken erkennen Sie die Angst vor Ablehnung

Wer Angst vor der Ablehnung anderer hat, kennt nicht immer den Grund dahinter. Wie können Betroffene also erkennen, dass diese Angst die Ursache ihrer Probleme ist? Indem Sie reflektieren, welche negativen Gedankengänge automatisch aufkommen, zum Beispiel:

  • Wenn ich mich krankmelde, lasse ich meine Kolleg:innen im Stich.

  • Das Bewerbungsgespräch sage ich ab – ich werde sowieso nicht genommen.

  • Die Party wird bestimmt nicht gut, weil ich dort keinen kenne und mich bestimmt niemand anspricht.

  • Mit einem Hobby muss ich gar nicht erst anfangen, weil ich darin nicht gut sein werde.

  • In Meetings lasse ich die Leute lieber reden und hoffe, dass mich niemand anspricht.

  • An der Supermarktkasse drängelt sich jemand vor, aber ich traue mich nicht, etwas zu sagen.

Diesen Gedanken liegen abwertende, täglich einwirkende Glaubenssätze zugrunde, zum Beispiel:

  • Ich bin nicht gut genug.

  • Nur wenn ich Spitzenleistung bringe, werde ich gemocht.

  • Ich kann niemanden vertrauen.

  • Ich muss alles immer alleine schaffen.

  • Fehler zuzugeben ist ein Zeichen von Schwäche.

  • Ich bin eine Last für meine Freunde und Familie.

  • Wenn ich jemanden kritisiere, mag er/sie mich nicht mehr.

Warum eine Angst vor Ablehnung im Teufelskreis enden kann

Ängste bergen das Risiko, in einem Teufelskreis zu münden – eine Art Hamsterrad, aus dem es irgendwann unmöglich zu sein scheint, auszusteigen. Die Angst vor Ablehnung kann zur Folge haben, dass sich Betroffene immer weiter zurückziehen und soziale Beziehungen vernachlässigen. Denn überall dort, wo (neue) Menschen sind, besteht die Gefahr vor Zurückweisung.

Die eigene Unsicherheit kann auf andere übergehen, sodass das Gegenüber sich ebenfalls zurückhaltend verhält und nicht weiß, woran sie/er ist. Betroffene werten diese Reaktion als Bestätigung für ihre Angst vor Ablehnung – eine selbsterfüllende Prophezeiung, bei dem schon von vorhinein klar ist, wie sie enden wird: in vermeintlicher Ablehnung.

Was tun, wenn die Angst vor Ablehnung zu groß wird?

Wenn der Leidensdruck zu groß wird und die Angst vor Ablehnung das Leben zu sehr bestimmt, kann eine Psychotherapie sinnvoll sein. Auch deshalb, um eine mögliche psychische Erkrankung aufzudecken und zu behandeln. Negative Kindheitserfahrungen mit abwertenden Glaubenssätzen können mithilfe eines Psychotherapeuten bzw. einer Psychotherapeutin aufgearbeitet werden. Ziel kann es sein, dass Betroffene lernen, sich selbst die ersehnte Liebe und Anerkennung zu geben, die sie bei anderen suchen.

Was tun gegen das Gefühl von Ablehnung? 7 Selbsthilfe-Tipps

Das Stichwort lautet hier: Resilienz. Dieser Begriff beschreibt die psychische Widerstandsfähigkeit, jeglichen Widrigkeiten im Leben trotzen zu können. Wer resilient ist, kann mit Kritik besser umgehen und hat einen neutraleren Blick, um abzuwägen, ob man sie annimmt oder nicht. Widerstandsfähige Menschen wissen um ihre Ressourcen und sind in der Lage, eine Ablehnung nicht auf ihre Persönlichkeit zu beziehen. Ihr Selbstwertgefühl wird durch Zurückweisung nicht übermäßig verletzt.

Die eigene Resilienz zu stärken, mag auf den ersten Blick kompliziert klingen. Deshalb hier sieben Tipps, wie Sie es schaffen können, der Angst vor Ablehnung zu trotzen:

  1. Kontrolle zurückgewinnen: Fordern Sie bei Ihrer Führungskraft aktiv Feedback ein und bereiten Sie sich auf das Gespräch gut vor. Welche Kritikpunkte könnten Ihnen entgegengebracht werden? Eine aktive Kritikeinforderung wirkt dem Gefühl der Ohnmacht entgegen, sodass Sie die Kontrolle zurückerlangen.

  2. Lernen, Kritik richtig zu geben: Wer weiß, worauf es bei Kritik ankommt, kann das Feedback anderer besser einordnen. Bei Feedback kommt es vor allem auf Sachlichkeit und Ich-Botschaften an, in denen Sie schildern, wie eine bestimmte Verhaltensweise oder Situation auf sie gewirkt hat und wie Sie sich dabei gefühlt haben. Achten Sie beim nächsten Gespräch darauf, wie Ihr Gegenüber das Feedback formuliert.

  3. Perspektive hinterfragen: Ist die Person, die Sie vermeintlich ablehnt, vielleicht gerade anderweitig überfordert? Oftmals hat eine ablehnende Haltung nichts mit einem selbst zu tun, sondern mit Problemen, die das Gegenüber derzeit beschäftigen.

  4. Realität vs. Bewertung: Machen Sie einen Realitätscheck, indem Sie Ihre Empfindungen mit der tatsächlichen Situation abgleichen. Wie bewerten Sie die Situation? Was sind Ihre Gefühle, Körperempfindungen und Verhalten? Würde jemand anderes die Situation anders bewerten? Der „Knackpunkt“ ist hier die Bewertung der Situationen – denn negative oder positive Gedanken haben einen Einfluss darauf, wie wir uns fühlen.

  5. „Nein“ sagen lernen: Nicht zu allem „Ja“ zu sagen bedeutet, sich und die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen. Hilfreich kann es sein, wenn Sie kurz über die Frage des Gegenübers nachdenken, bevor Sie antworten. Sie werden merken: Wenn Sie mal ein Treffen absagen, weil Ihnen mehr nach einem gemütlichen Abend ist, dass Ihre Freund:innen Sie trotzdem weiterhin mögen.

  6. Negative Glaubenssätze aufdecken: Werden Sie zu Ihrem eigenen Beobachter, wenn Sie merken, dass die Angst vor Ablehnung gerade überhandnimmt. Welche Gedanken gehen Ihnen durch den Kopf? Wie fühlen Sie sich? Welche Glaubenssätze könnten dahinterstecken? Das Wissen um die eigenen Glaubenssätze hilft, um sie später durch positive zu ersetzen.

  7. Positive Affirmationen für mehr Selbstliebe: Finden Sie für sich gutgemeinte, selbstbejahende Glaubenssätze. Wenn Sie sich diese immer wieder vor Augen führen, nehmen Sie damit Einfluss auf Ihr Unterbewusstsein. Für den Anfang hilft es, wenn Sie Sätze nehmen, die Sie für sich auch wirklich annehmen können. Statt zum Beispiel „Ich bin gut genug“ können Sie sich sagen „Ich werde jeden Tag besser darin, mich selbst anzunehmen“.

Kommen Sie ins Handeln! Denn wer aktiv in die gefürchteten Situationen hineingeht, stärkt damit seine Selbstwirksamkeit – also die innere Überzeugung daran, herausfordernde Situationen gut bewältigen und selbst verändern zu können. Zum Beispiel: Bewerben Sie sich auf einen Job, den Sie sowieso nicht antreten würden. Das nimmt schon mal den Druck raus, unbedingt eine Jobzusage haben zu wollen. Wenn Sie nach dem Bewerbungsgespräch allerdings eine Zusage erhalten und diese selbst ablehnen, stärkt das Ihre Selbstwirksamkeit und entzieht der Angst vor Ablehnung immer mehr ihre Grundlage.